Bertramwurzel - eine fast vergessene Heilpflanze *
Sie ist eine kaum bekannte und doch so alte und wirkungsvolle Heilpflanze und Gewürzpflanze: die Bertramwurzel. Obwohl sie viel kann, spielt sie in der Heilkunde heute kaum mehr eine Rolle. Als "Gewürz mit Gesundheitswirkung" ist die Bertramwurzel vor allem den Anhängern der Hildegard von Bingen und ihrer Ernährungslehre geläufig. Hier zählt sie zu den Grundgewürzen, die jeder - egal ob gesund oder krank - möglichst regelmäßig zu sich nehmen sollte.
Römischer Betram - Anacyclus pyrethrum L.
Doch die Bertramwurzel wurde schon viel früher praktisch weltweit als Heilpflanze genutzt und geschätzt. Indianische Heiler, Ayurvedische Gesundheitslehre, Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), die Klostermedizin und Naturheilkundler der letzten Jahrhunderte - sie alle setzten die Wurzel mit dem lateinischen Namen Anacyclus pyrethrum L. bei unterschiedlichsten Krankheiten ein. Die Anwendungsgebiete waren schon immer vielfältig und erstreckten sich sowohl auf innerliche wie auch äußerliche Beschwerden. Selbst als natürliches Insektenbekämpfungsmittel sollte die Wurzel gute Dienste leisten.
In der Küche gilt Bertram als ein hervorragendes Verdauungsmittel,
das die Bekömmlichkeit der Speisen fördern soll. Die Anwendung
ist denkbar einfach, denn die zu Pulver vermahlene Wurzel passt, wohl
dosiert, zu fast allen Gerichten. Rezepte mit Bertram gibt es
also zuhauf. Auch als Heilmittel ist der Einsatz problemlos.
Wen wundert es, dass die hübsch anzusehende Pflanze mit dem Beinamen
Ringblume auch eine Zierde für jeden Garten ist. Vor allem in Steingärten
macht sich das eher anspruchslose Gewächs, das im Aussehen an unsere
heimische Kamille erinnert, ganz besonders gut.
Es lohnt sich also, diese unspektakuläre Wurzel, der eine große
Heilkraft zugeschrieben wird, einmal näher zu betrachten!
Bertram und seine unzähligen Namen
Bertramblüten & -blätter
Die Geschichte von Anacyclus pyrethrum L. ist teilweise verwirrend bis unübersichtlich. Denn es gab zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Zuweisungen des Namens Bertram. Starten wir also den Versuch, etwas System in die Historie der Heilpflanze zu bringen:
Ein Blick durch die Zeiten
Dioskurides, der im 1 Jahrhundert lebte, beschreibt das "Pyrethron"
in Aussehen und Wirkung exakt als den heute unter Anyclus pyrethrum
bekannten römischen Bertam. Er beschreibt Wirkungen gegen Zahnschmerzen
und "anhaltende Frostschauer", da die Wurzel schweißtreibend
sei. Zu finden sind seine Ausführungen im Band III seiner 5-bändigen
Arzneimittellehre Materia Medica, einem noch heute hoch angesehenen
naturheilkundlich-medizinischen Werk.
Schon im frühen Mittelalter kannten arabische Ärzte den Bertram unter den Namen Akulkara oder Aaqarqaha. Im indischen Sprachraum findet man ihn unter ähnlichen Bezeichnungen. Im indischen Ayurveda gilt er als wirksames Aphrodisiakum. Für die Benediktinerin Hildegard von Bingen (1098 - 1179) ist Bertram neben Galgant, Quendel und Ysop das zentrale Würz- und Heilmittel, das täglich auf den Speiseplan gehört und zahlreiche positive Wirkungen auf die Gesundheit ausübt. Insbesondere Hildegard ist es auch zu verdanken, dass die Heilpflanze heute wieder mehr Beachtung findet.
Neuere Beschreibungen von Anacyclus pyrethrum
Bertram Pflanze in der Natur
Die Überlieferung berichtet, dass auch die Indianer bereits die Bertramwurzel nutzten: Auch sie kauten sie erfolgreich gegen Zahnschmerzen. Dieses Einsatzgebiet spiegelt sich auch in dem alten deutschen Namen für den Bertram wieder, nämlich Speichelwurzel oder Zahnwurzel. Christoph Wilhelm Hufeland, der Leibarzt von Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), setzte ebenfalls auf Bertram bei Zahnweh. Er schreibt außerdem: "Bertram übertraf oft die gewöhnlichen stärksten Heilmittel an Wirksamkeit" bei Lähmungen und Wechselfieber. Gut einhundert Jahre später beschreibt der Arzt und Pharmakologe Gerhard Madaus in seinem Lehrbuch der biologischen Heilmittel (Band III; 1938) ebenfalls verschiedene Anwendungsgebiete des Bertram. Der Bertram war also über viele Jahrhunderte hinweg sehr präsent in den Ausführungen zahlreicher Heiler und Naturmediziner, die an dieser Stelle nicht alle im Einzelnen erwähnt werden sollen. Trotz ihrer Vielseitigkeit spielt die Heilpflanze aber kaum eine Rolle in der aktuellen Naturheilkunde.
Wenn ein Name Verwirrung schafft
Im Laufe der Jahre und Jahrhunderte wurden manchmal auch andere
Heilpflanzen mit dem Namen Bertram versehen. Beispielsweise das
Mutterkraut, aber auch der Baldrian, die Sumpfscharfgabe und der Sumpfhaarstrang
(auch Oelnitz oder Elsenich genannt) oder der Estragon. Weißer
Reinfarn, weißer Dorant, Nieskraut, Teufelsbart, Strauchmargarite,
staudige Wucherblume, Leberbalsam, römische Ringelblume, St. Johanniswurz
oder Muskatgarbe sind weitere Namen, die im Zusammenhang mit dem Bertram
die Runde machten bzw. zeitweise gängig waren.
Dadurch ist leider nicht immer eindeutig erkennbar, welchen "Bertram"
die jeweiligen Gelehrten meinten, wenn sie ihn in ihren Abhandlungen
erwähnten. Anhand der zugeschriebenen Eigenschaften und Wirkungen,
aber auch hinsichtlich des Aussehens, können aber meist gute Rückschlüsse
gezogen werden. Eine These besagt, die heutige Heilpflanze sei erstmals
von Jean Louis Marie Poiret (1755 - 1834), einem französischen
Botaniker, umfassend beschrieben worden, nachdem er sie wild wachsend
in Nordafrika beobachtet hatte (Reise in die Barberey, Band 2). Später
wurde sie durch Carl von Linné als Anthemis pyrethrum L. bezeichnet.
Der schwedische Naturforscher Linné zeichnet verantwortlich für
die Entwicklung der modernen botanischen Nomenklatur. Er systematisierte
Pflanzen und nahm auch eine umfassende Beschreibung
der Bertram Pflanzen vor. Anthemis pyrethrum L. steht heute gleichwertig
neben dem gebräuchlicheren Anacyclus pyrethrum L.
* Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der hier gemachten Informationen wird keine Gewähr übernommen. Die hier vorgestellten Informationen stellen keine Form der Beratung dar. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Hausarzt.
Mehr Wissenswertes über Bertram:
Bertramwurzel | Inhaltsstoffe | Wie gesund ist Bertram? |
Arten, Aussehen, Verbreitung | Hildegard von Bingen | Studien |
Anwendungsgebiete | Bertram Rezepte | Dosierung, Darreichung |
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